Was mir mein Reisetagebuch über Danzig erzählt:
Donnerstag, 26.Juli
Gdansk
Wir verließen Hel und überquerten eine große, völlig veralgte Bucht, bei großer Hitze und wenig
Wind (so wenig dass wir statt den geplanten drei Stunden etwa sechs brauchten)
Richtung Danzig. Wir waren alle sehr gespannt!
Da wir kein Funkgerät an Bord hatten und wir uns über Funk
in Danzig anmelden sollten, hatten wir zunächst überlegt nur für einen Tag mit der
Fähre nach Danzig zu fahren und die Gerda in Hel zu lassen, waren dann aber auf
Raten des Kapitän der „Johann Smied“, bei der wir morgens einen Wetterbericht
für die kommenden Tage abgeholt hatten, trotzdem auf gut Glück losgesegelt. (Zu
unserem Glück, da wir sonst wohl wesentlich weniger von Danzig gesehen hätten)
Wir segelten gegen Abend in eine Flussmündung und
gleichzeitig in den Danziger Industriehafen ein. Am Ufer reihten sich
Lagerhäuser aus Sowjet- und Davorzeit, Verwaltungs- Industrie-und Fabrikgebäude,
große Kräne die sich wie Spinnen bewegten, Schutthalden, Ruinen und viele riesige Dampfer aus aller Welt die
be- und entladen wurden. Ungeheuer langsam und ruhig segelten wir, ganz klein
zwischen all den Riesen durch das Labyrinth der Kanäle. Ein Arbeiter rief uns
vom Ufer her zu man dürfe nicht segeln, müsse motoren und kurze Zeit folgten
wir diesem Rat.
Der Kanal dem wir folgten führte uns in die Altstadt Danzigs
und zum Yachthafen. Zwischen riesigen Luxusyachten, groß wie Wohnhäuser, fanden
wir auf dem von Algen grünen Wasser ganz am Ende, außen auch einen Platz. Wir
klebten ein Schild mit „Gerda“ außen ans Boot und meldeten uns an.
Das Hafengebäude, wie die WCs und Duschen, waren sehr
luxuriös, die Dame im Büro, sehr jung mit Dreadlocks, sehr nett und der Hafen
durch Wachpersonal gesichert und der Zutritt nur für Bootsbesitzer mit einer
Magnetfeldkarte (die wir auch erhielten).
Nachdem wir meinem Bruder zum Geburtstag auf den
Anrufbeantworter gesungen hatten machten wir uns zu einer Erkundungstour auf.
Die Altstadt verschlug uns den Atem! Häuser wie im Märchen
und doch nicht kitschig,- aus einer Zeit in der Danzig erfolgreiche und
wohlhabende Hansestadt war. Anders als wir es bis jetzt von Polen gewohnt
waren, war hier alles renoviert und/oder gepflegt und gut erhalten. Wir trauten
uns kaum Fotos zu machen, da wir uns einig waren dieses traumhafte Flair ja
doch nicht einfangen zu können.
Die umherflanierenden und in den unzähligen Restaurants
sitzenden Menschen waren fast ausnahmslos ( Wir zum Beispiel waren eine
Ausnahme) offensichtlich reich, schlank und sehr schick gekleidet, so dass ich
mir eher underdressed vorkam.
Zahlreiche Juweliere und Bersteinverkäufer säumten, zwischen
den Restaurants auf der Straße stehend oder in den herrlichen Gebäuden, die
Hauptfußgängerzone.
Da wir dem Angebot nicht mehr wiederstehen konnten aßen wie
wunderbar leckeres Eis (ich: Grapefruitsorbet und Kiwi). Wir schlenderten durch
die Straßen, die bald nicht mehr Pflasterstein-Altstadt sondern moderne
Studentenstadt-Straßen mit viel Auto und S-Bahn verkehr waren. Doch auch dieses
moderne Danzig hatte Flair und begeisterte mich. Große Denkmäler erinnerten an
Befreiungskämpfe der Polen (gegen das Sowjetregime), Arbeiteraufstände und die
erste unabhängige Gewerkschaft Polens, die „Solidarnosc“.
Nachdem wir lange gelaufen, erkundet und geschaut hatten,
sowie unreife Mirabellen und Äpfel von Stadtbäumen gegessen hatten, setzten wir
uns schließlich in eine Bar, in der auf einer großen Leinwand
unerklärlicherweise „Modefersehen“(Modeschauen etc.) gezeigt wurde und die
schon bald im Begriff war zu schließen.
Malte trank hier einen wunderbaren Blaubeermilchshake von
dem wir alle noch lange träumten…
Schließlich fanden wir zurück zu unserem Luxuspier und ins
Bett.
Freitag, 27.Juli
Teigtaschen mit Käsefüllung
Tag 2 in Danzig begann ausgeschlafen mit lecker Frühstück
und Hitze. Nachdem wir das 1. Mal an Bord im kleinsten Spülbecken der Welt,
Geschirr gespült hatten, ging es erneut auf Erkundungstour. Dieses Mal hielten
wir uns mehr an kleine Gassen und Kaufhäuser der Neustadt. Jost hielt nach
Schuhen und ich nach einem roten Crew T-Shirt Ausschau. Beide leider nicht
erfolgreich. Besonders hielten wir uns in einem Hippie-Ramschladen der auch
etwas „Nichtramsch“ bot und einem riesigen Kaufhaus, das mit 200 Shops warb,
auf.
Da wir in diesem langsam hungrig wurden, was eventuell auch
an den überall dargebotenen Wurst und Backwaren lag, beschlossen wir uns an
einem kleinen Stand große gefüllte Teigtaschen zu erstehen. Auf unsere Frage
woraus die Füllung den bestände deutet der freundliche Verkäufer auf die Ware
und meinet „Cheese“. Für uns war klar: Käsefüllung in allen drei
Taschenvarianten, deren Unterschied wohl allein in der Größe bestand.
Wir kauften drei, in jeder Größe eine, gingen weiter und
bissen herzhaft hinein. Was sich in meinem Kopf abspielte ist ungefähr
folgendes: „ Ganz schön schwer, ist aber sehr fester Teig… kein Blätterteig,…
lecker,… so eine Art fester Käsekuchenteig nur salzig…. aber sehr salzig und…uh… Zäh und…keine
Füllung…“ Wir blieben stehen und sahen uns irritiert an. Als die Teigtasche
dann begann zwischen den Zähnen zu quietschte wurde klar, dass es definitiv
keine war, aber…“Das ist Käse!“ erkannte plötzlich einer von uns. Wir mussten
lachen. Jetzt war auch klar warum uns der Verkäufer und später die Passanten
die uns hineinbeißen sahen so komisch gekuckt hatten!
Ich musste noch sehr oft an diese Situation denken und
darüber lachen.
Da wir nun Unmengen von Käse besaßen kauften wir uns ein
Baguette und vesperten mit Äpfeln auf den Stufen eines Bankgebäudes unter den
irritierten Blicken der Passanten.
Zurück im Hafen genoss ich eine 5-Zloty-5-Minuten-Dusche im
Luxusbad der Hafen Meisterei wo ich endlich die gefühlten 10 Tonnen Schweiß und
Sonnencreme (Meine Haut war davon schon so gesättigt, dass jede weitere
tägliche Schicht einfach nicht mehr einzog, sondern einen dicken klebrigen Film
hinterließ) loswurde.
Abends gingen wir aus. Wir gönnten uns „Gofry“, große
Waffeln mit Schlagsahne und diversen Fruchtmarmeladen)in der Fußgängerzone
sowie ein „Zapiekankie“, ein leckeres, großes mit Röstzwiebeln und Ketschup
belegtes Baguette und jeder einen Cocktail. Ich wählte einen „Wilden Hund“. Was
ich bekam war ein Pintchen voll Wodka, Grandiensirup und Tabascosauce. Nicht
gerade ein Genuss, aber unheimlich scharf! Noch als wir den Laden verließen
tränten mir die Augen.
Nachdem wir vergeblich die Yesterday-Bar mit 60´s
Beschallung die in unserem Reiseführer angepriesen wurde, gesucht hatten (es
gab sie wohl einfach nicht mehr) beschlossen wir, da wir Polen am nächsten Tag
verlassen wollten, unsere letzten Zloty in einer kleinen Kneipe loszuwerden. Es
reichte für 1, ¼ Tassen Kaffee, ¾ Tassen bekamen wir geschenkt. So teilten wir
uns zwei Kaffee in einer Kneipe die winzig und wunderschön eingerichtet war und
mich an das Juz in Freudenstadt erinnert, in dem ich lange Thekendiest
geschoben habe, während wir uns mit zwei Polen unterhielten, die beide
unheimlich nett und gesprächig waren, wie fast alle jungen Polen sehr gut englisch
sprachen und von denen einer leider kaum verständlich war, weil betrunken. Kurz
um ein lustiger Abend in bester Gesellschaft der bis weit nach Mitternacht
ausgedehnt wurde.
Am nächsten Morgen gingen Malte und ich „schnell“ Einkaufen
um Proviant für die bevorstehende große Überfahrt nach Litauen an Bord zu
haben. Als alle Waren über das Band gezogen waren, stellte sich heraus, dass
man doch nicht mit Karte zahlen konnte… Ich joggte los, zu nächsten Bank und
ließ Malte allein im Kaufhaus mit einer genervten Kassendame, einer Schlange
von Kunden die über das lange Warten nicht erfreut waren und dies auch kund
taten, und einem ganzen Berg schon eingepackten Lebensmittel zurück.
Ich beeilte mich, Fand einen „Bankomat“, wählte das deutsche
Menü gab meinen Pin ein und wollte Geld sehen!
Dem Automaten gefiel jedoch die Summe von 110 Zloty die ich
abheben wollte nicht. In gebrochenem Deutsch teilte er mir mit die Summe müsse
durch Zloty hoch 20 teilbar sein.
Ich war verzweifelt, dachte an Malte der bestimmt schon
gelyncht wurde und tippte wie wild auf dem Automaten herum. Obwohl wir beide
Deutsch sprachen konnte ich teilweise keinen Sinn in dem erkennen was der
Automat von sich gab. Die Übersetzung war schlichtweg grottig. Auf die Idee ins
Englische zu wechseln kam ich nicht. Nirgends ein/e Bankangestellte/r der mir helfen konnte und auch sonst weit und
breit niemand zu sehen. Scheiße!
Als ich dann nach gefühlten 20 min schon resigniert aufgeben
wollte und dass Programm schloss, wurde ich von trotzig-verzweifelter Hoffnung
ergriffen und startete noch einen, einen letzten Versuch…
Und siehe da: das Ganze war ein Missverständnis zwischen mir
und dem Automaten…Es war lediglich die 20 verrutscht und stand nun nicht über
den „Zloty“ sondern davor. Der Betrag musste durch 20 Zloty teilbar sein!
Plötzlich gab alles wieder Sinn!
Erleichtert hob ich viel zu viel Geld ab (Zwangsläufig, da
durch 20 teilbar) und joggte zurück um Malte zu retten. Die Stimmung im Laden
war frostig. Sie besserte sich auch nicht als alle unsere tausend Waren erneut
über das band gezogen werden musste bevor wir dann endlich zurück zum Boot
konnten, wo Jost schon auf uns wartete.
Es ging los und wir verließen Danzig, Polen, das Land der
lustigen Leute, weißen Sandstrände und Windräder, auf zu neuen großen
Abenteuern in unbekannten Landen.
Klasse , ich glaube die Polen mögen euch...
AntwortenLöschendass die euch einfach so absegeln lassen ,denn
normalerweise halten die so Schnuckerschnuten wie
euch gerne mal ein paar Tage fest(wegen Lösegeld
und/oder Heirat).Aber wenn ich das richtig lese
seid ihr rechtzeitig entkommen.Also Treffpunkt:
irgendwo in Finland.Ich freue mich